Werner Richard Heymann

„Sie kennen mich nicht, aber Sie haben schon viel von mir gehört.“ So stellte sich Werner Richard Heymann gewöhnlich vor. Er gilt als einer der bedeutendsten Musikschöpfer der Weimarer Republik, von E- bis U-Musik, ein ruheloser Wanderer zwischen mehreren musikalischen Welten.

Er selbst hat 1958 seine Autobiographie im Telegrammstil so begonnen:

„Geboren in Königsberg am 14. 2. 1896 – Saß schon mit drei Jahren am Klavier – Spielte alles nach, was ich hörte – Erste eigene Kompositionen mit fünf Jahren – Erste aufgeschriebene Komposition mit acht Jahren – Ab sechs Jahren Geigenunterricht; ab zwölf Jahren Mitglied des Philharmonischen Orchesters; Musiktheorie und Kontrapunkt unter Paul Scheinpflug – Mit sechzehn Jahren erstes Orchesterwerk – (da ist die Familie bereits nach Wien übersiedelt)- Erste Kompositionen (Lieder, Orchestergesänge, Orchesterstücke) erscheinen bei Josef Weinberger in Wien; nebenbei Gymnasium absolviert – (Zeitzeugen bemühen das Wort vom „Wunderkind“)- Mit 17 Jahren wunderschöne erste Frau kennengelernt, was mit 20 zur Ehe führte …“

Im November 1918 führte Felix Weingartner mit den Wiener Philharmonikern Heymanns >Rhapsodische Symphonie< auf. Ein früher E-Erfolg, der sich (zum Glück für die schwere Leichte Muse) nicht wiederholte. Komponieren sei nicht schwer, nur aufgeführt zu werden, das sei mühsam zu erreichen, hat er einmal geseufzt.

Doch im revolutionären, unruhigen Berlin erhält er bereits neue Anstöße.

Mit dem Kriegsende ist auch die Zensur gefallen, die Zeichen stehen auf Veränderung. Heymann zählt zum Kreis progressiver Künstler, die den politischen Aufbruch der jungen Weimarer Republik mitgestalten: Er schreibt Musiken für Theaterstücke, gemeinsam mit Friedrich Hollaender ist er 1918/19 musikalischer Leiter von Reinhardts Kabarett „Schall und Rauch“, das zwei literarische Leiter hatte: Kurt Tucholsky und Walter Mehring.

Das „Schall und Rauch“ markiert den Startschuss für das bis dahin unbekannte zeitkritische deutsche Kabarett und wird zur Talentschmiede für alle, die das Kabarett der Zwanziger prägen sollten.

Auch das neue Medium Film lockt Heymann. Zunächst Assistent, wird er 1926 Generalmusikdirektor der UFA, der Berliner Filmstudios, und komponiert musikalische Arrangements für Stummfilm und Tonfilm.

Erst von 1930 bis 1932 trug Heymann seine Fähigkeit, „Leicht“ zu komponieren. „Ich selber wollte nie Schlager schreiben, war aber glücklich, dass meine Lieder zu Schlagern wurden, zu >Ervolks-Liedern<, wie mein Textdichter Robert Gilbert wortwitzig sagte.“

Beide lieferten den musikalischen Ausdruck der Lebensfreude für die Lilian Harvey&Willi Fritsch-Filme, die mitten in der Krise zeigen sollten, wie schön und wie lustig das Leben sein könne.

Der erste Kassenschlager war die berühmte Tonfilm-Operette der UFA „Die Drei von der Tankstelle“ mit dem jungen Heinz Rühmann, uraufgeführt 1930 im Berliner Gloria-Palast.

Liebling, mein Herz lässt dich grüßen“ und „Ein Freund, ein guter Freund“ wurden überall geträllert und bereicherten das Repertoire der Comedian Harmonists.

Ein technisches Meisterwerk in vielerlei Hinsicht folgte 1931: „Der Kongress tanzt“ mit den eingängigen Liedern „Das muss ein Stück vom Himmel sein“ und „Das gibt’s nur einmal“, beides auf Texte Robert Gilberts.

Werner Richard Heymann über die Entstehung des Liedes: „Wir hatten nur den Auftrag, ein optimistisches Lied zu schreiben. Ich diskutierte mit Gilbert, er machte einige Zeilenvorschläge, und dann plötzlich sagte er: >Das gibt‘s nur einmal…< Das gefiel mir so gut, dass ich in ein paar Minuten den ganzen Refrain komponierte. >Hinreißend<, sagte Gilbert, >aber was ist das? Woran klingt das an?< Ich fand auch: Diese großartige Sache kann dir doch nicht eben erst eingefallen sein. Das ist unmöglich. Die musst du irgendwo gehört haben…“

Nein, es war tatsächlich eine unbekannte, originelle Melodie und wurde zum Schlager – allerdings bald unterdrückt.

1932 erklang im Film „Ein blonder Traum“ das sehnsuchtsvolle Lied „Irgendwo auf der Welt gibt’s ein kleines bisschen Glück“, das die Comedian Harmonists auch in ihr Repertoire übernahmen.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten begann ein gewaltiger Künstler-Exodus: Eine ganze Generation prominenter, erfolgreicher Schauspieler, Regisseure und Drehbuchschreiber wurde vor die Babelsberger UFA-Tür gesetzt, ihre Werke verboten. Auch Heymann, den die Nazis wegen seiner schönen Melodien gern behalten hätten, emigrierte zunächst nach Paris, dann nach Hollywood, wo er für Ernst Lubitsch u. a. Filmmusik komponierte.

Jahre später wurde „Das gibt´s nur einmal…“ in Berlin zum ersten Male wieder gespielt, in einem historischen Augenblick. Als 1945 die Russen das zerstörte Berlin erobert hatten und endlich die Waffen schwiegen, galt es, die Menschen in ihren Kellern und Bunkern wissen zu lassen, dass der Krieg vorbei war und sie herauskommen konnten. Jemand hatte die geniale Idee, über Lautsprecher ein Lied erklingen zu lassen, das in der Nazizeit verboten war. Ein Lautsprecherwagen fuhr durch die Straßen mit: „Das gibt´s nur einmal…!“ Da wussten die Menschen, dass der Krieg aus war.

Heymann in seiner Kurzbiographie: „… kehre 1951 nach Europa zurück – Lerne allerschönste, wunderschönste Wienerin kennen, was nicht nur zur Ehe, sondern auch zu einem himmlischen Mädchenkind führt.“ Das war dann seine vierte Ehe.

Und noch eine Geschichte zu „Das gibt´s nur einmal…!“. Als Werner Richard Heymann 1955 die deutsche Staatsbürgerschaft wieder beantragte, wurde er ins Münchner Rathaus geladen. Zur Ausfertigung der Urkunde verlangte man von ihm nachzuweisen, dass er der deutschen Sprache und des deutschen Volksgutes mächtig sei, und bat ihn, ein deutsches Volkslied zu singen. Worauf Heymann unter dem dröhnenden Beifall aller Anwesenden sang: „Das gibt´s nur einmal…“

Zum Schluss wieder O-Ton Heymann:

„Ich liebe: Meine Frau, mein Kind, die Welt, Menschen, Tiere, Landschaften, Essen, Trinken, Rauchen, Autofahren, Kochen, Bücher. Ich liebe die Freiheit.
Ich hasse: Diktatur, Gottlosigkeit, Notenschreiben, Wolle am Körper und Steinchen im Schuh.
Ich hoffe: Auf die Vereinigten Staaten von Europa, eine lange Jugend, auch für meine wundervoll junge und himmlisch schöne Frau und – viel Geld.
Mit herzlichen Grüßen Euer Werner R. Heymann“

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